Banff National Park: Wildnis und Gewusel

von 03.02.201710 Kommentare

Banff – diese fünf Buchstaben reichen, um die Herzen von Kanada-, Bergwildnis- und allgemein Nationalpark-Fans höher schlagen zu lassen. Das bedeutet aber auch, dass es sich beim Banff National Park um keinen Geheimtipp handelt. Im Gegenteil: insbesondere im Sommer (Hochsaison Juli/August) musst du mit vielen anderen Menschen rechnen. Das ändert zwar nichts an der Tatsache, dass beeindruckende Natur und Landschaften auf dich warten, erfordert aber etwas mehr Vorbereitung, damit du nicht nur die ziemlich vollen Hotspots abklapperst.

Ich will davon berichten, welche Fleckchen wir als besonders reizvoll und keineswegs zu voll erlebt haben, aber auch davon, wo es uns zu trubelig war…

Banff Springs Hotel mit Bow Falls, Banff National Park

Banff Springs Hotel mit Bow Falls

Der Banff National Park wurde bereits 1885 gegründet, damit ist er der älteste Nationalpark Kanadas, nach dem Yellowstone der zweitälteste Nordamerikas und nach dem Royal Nationalpark in Australien der drittälteste der Welt.

Dieser Reisebericht umfasst übrigens nicht den nordwestlichen Abschnitt des Banff National Park entlang des Icefields Parkway, denn über diese Panoramastraße gibt es einen eigenen Beitrag: Der Icefields Parkway.

Auf dem TCH nach Banff

Unser Weg in das Örtchen Banff führt über den Trans Canada Highway (TCH), der ganz Kanada von der West- bis zur Ostküste durchzieht. Dementsprechend ist er auch hier im Nationalpark autobahnähnlich ausgebaut und wird von LKW und Durchgangsverkehr genutzt, passt sich aber dennoch ganz gut in die Landschaft ein. Immerhin existieren inzwischen auch Wildbrücken.

Banff selbst begrüßt uns leider nicht besonders einladend und wir werden uns auch während unseres gesamten Aufenthalts nicht mehr so richtig mit dem Ort anfreunden können – uns ist es einfach zu voll und zu touristisch. Außerdem gestaltet es sich als schwierig, einen Parkplatz für unseren Truck Camper zu finden, um „nur mal schnell“ etwas einzukaufen und dafür nicht weit laufen zu müssen. Das Visitor Center des Banff National Parks empfinden wir auch als ziemlich trist und unattraktiv.

Insgesamt hat Banff schon einige Sehenswürdigkeiten zu bieten, jedenfalls mehr als die meisten Städtchen in Amerikas Westen – aber für unseren Geschmack eben nicht im August, sondern wahrscheinlich eher im Mai oder Oktober.

Idyllischer Campground in Banff: Two Jack Lake

Dass sich die Menschen aber auch im Banff National Park gut verteilen bzw. an wenigen „Hotspots“ konzentrieren, merken wir, sobald wir die Stadt in Richtung Lake Minnewanka verlassen. Bald fahren wir nur noch auf einem kleinen, wenig frequentierten Sträßchen, das uns zu unserem Campground am Two Jack Lake führt.

Icon Campground 256Und die Wahl des Campgrounds im Banff National Park hat sich mehr als gelohnt: Kerstin hat zuvor schon mehrfach vom „schönsten Campground“ gesprochen, aber dieser hier ist es nun wirklich! Wir haben auch die großen Campgrounds am Tunnel Mountain gesehen – kein Vergleich:

Wir stehen zwischen einigen Bäumen, vor uns direkt der Two Jack Lake, von unserer Site sind es nur ein paar Meter bis zum Ufer und keine weiteren Camper dazwischen. Der See wird eingerahmt von Wald und tollen Bergen. Hier gibt erst mal Kuchen und Kaffeespezialitäten aus der Minipresso, bevor wir uns nochmal auf den Weg machen – wir sind glücklich, für drei Nächte hier bleiben zu dürfen.

Tiere am Lake Minnewanka Scenic Drive

Icon Road 256Die bereits erwähnte Straße zu unserem Campingplatz ist Teil eines wirklich empfehlenswerten, kleinen Scenic Drive, auf dem man eine Runde zum Lake Minnewanka und wieder zurück drehen kann. Dabei hat man die Möglichkeit zu mehreren Abstechern bzw. Stopps, um die interessante Gegend zu erkunden – uns hat die Zeit gar nicht gereicht, alles zu sehen. So haben wir z.B. den Johnson Lake (der auch zum Baden genutzt wird) auslassen müssen.

Zum Two Jack Lake kommst du auch, wenn du nicht auf dem Campground bist – etwas nördlich davon gibt es einen Picknickplatz direkt am See. Dort kann man übrigens sehr gut Sonnenaufgänge fotografieren.

Bergpanorama
Fast surreal wirkendes Bergpanorama

Und dann führt die Straße eben auch zum großen Lake Minnewanka, einem Stausee. Diesen finden wir zwar nicht so pittoresk und fotogen wie andere Seen, dafür hat sich in der Nähe aber eine Herde Dickhornschafe angesiedelt, die wir sogar mehrfach gesehen und fotografiert haben. Teilweise laufen die wenig scheuen Tiere, vor deren Hörnern man sich aber dennoch in Acht nehmen sollte, sogar auf der Straße herum.

Apropos Tiere im Banff National Park: Der kleine Scenic Drive lohnt sich besonders in der Morgen- und Abenddämmerung für Tiersichtungen. Neben den Dickhornschafen konnten wir hier auch die großen Wapiti-Hirsche und einen Kojoten beim Beutefang beobachten.

Dickhornschaf am Lake Minnewanka
Dickhornschaf am Lake Minnewanka

Schöne Aussicht am Mount Norquay

Icon camera 128Noch am ersten Abend machen wir uns auch noch auf den Weg zu einem schönen, relativ wenig genutzten Aussichtspunkt am Mount Norquay. Nicht weit von Banff Town gibt es eine Ausfahrt am TCH, die in Richtung Norden zu einem Winterskigebiet führt – im Sommer wird es kaum genutzt und lohnt sich trotzdem. Es geht einige Serpentinen hinauf, bis wir zu einer großen Kurve mit Fahrzeugstellplätzen und baumfreiem Blick ins Tal kommen. Unter uns im Tal liegt Banff, daneben die umliegenden Berge, v.a. der Mount Rundle ist von hier aus sehr schön.

Als Fotopunkt eignet sich der Mount Norquay v.a. nachmittags bzw. abends, denn nur dann hat man kein Gegenlicht.

Ausblick vom Mount Norquay auf Banff, links Mount Rundle
Ausblick vom Mount Norquay auf Banff, links Mount Rundle

Tipp für Postkartenmotive: Früh aufstehen!

Schon bei meiner Reisevorbereitung habe ich einige tolle Fotos anderer Blogger und Fotografen bewundert, die spiegelglatte Seen mit von der Sonne angestrahlten Bergen zeigen. Dazu solltest du jedoch wissen, dass so eine glatte Wasseroberfläche fast nur am frühen Morgen auftritt, wenn noch kein Lüftchen geht. Und auch die leuchtenden Berge gibt es nur zum Sonnenauf- oder -untergang, wenn die Sonne tief steht, das Relief der Berge besonders plastisch wird und das Licht gelb-orange-rot eingefärbt wird.

So habe ich mir fest vorgenommen, früh aufzustehen und unseren Standort direkt am See zu nutzen. Im Sommer heißt das wirklich sehr früh, eigentlich schon um 6 Uhr – wir schaffen es dann aber doch erst um 6:30 Uhr, aus den Federn zu kommen. Dass uns auf der Fahrt in die Rockies aufgrund der hier geltenden Mountain Time Zone eine Stunde „geklaut“ wurde, ist natürlich nicht hilfreich.

Trotzdem schafft es auch Kerstin, sich aufzurappeln – sie will mich auf keinen Fall alleine am Seeufer herumlaufen lassen, schließlich befinden wir uns in Wolfs- und Bärengebiet. Dieses frühe Aufstehen praktizieren wir mehrmals in den Rockies – und es lohnt sich! Wenn wir ganz alleine am Seeufer stehen, die frische Luft einatmen und die Landschaftseindrücke in uns einsaugen, ist das schon etwas Besonderes. Ein paar gute Fotos sind mir auch gelungen.

Sonnenaufgang mit Morgendunst am Two Jack Lake
Sonnenaufgang mit Morgendunst am Two Jack Lake
Positiver Nebeneffekt: Durch das frühe Aufstehen können wir die Tageshelligkeit voll ausnutzen und viel sehen und unternehmen. Zunächst geht es zurück zum Campground zum ausgiebigen Frühstück. Es gibt Porridge mit Blaubeeren, Spiegeleier und Käse-Schinken-Sandwiches. Ach, was geht es uns gut! Wir genießen noch ein bisschen die Sonne und den See. 🙂
Cascade Mountain
Cascade Mountain

Tiere beobachten am Bow Valley Parkway

Und wieder geht es um Tiere: Schon im Yellowstone sind wir so richtig auf den Geschmack vom „Wildlife Cruising“ gekommen, also dem gemütlichen und langsamen Dahingleiten mit dem Auto oder Wohnmobil und dabei nach Tieren Ausschau halten. Besonders erfolgversprechend ist das, wenn andere Urlauber noch oder schon wieder im Hotel sind und frühstücken oder zu Abend essen.

So wird es auch im Banff National Park ein schönes Ritual, den Bow Valley Parkway abzufahren – ohne konkretes Ziel, einfach treiben lassen. Beim Bow Valley Parkway handelt es sich um die alte Trasse des TCH zwischen Lake Louise und Banff, der heute nur noch wenig befahren ist. Man hat hier zwar meist Wald um sich und daher weniger Sicht auf die Berge, dafür aber viel bessere Chancen auf Tiere zu sehen und bei langsamer Geschwindigkeit (40-50 km/h) auch die Möglichkeit, rechtzeitig zu halten, ohne eine Vollbremsung hinlegen zu müssen. Ab und zu drängelt ein Mietwagen von hinten, was uns aber gänzlich schnuppe ist – soll er doch überholen und es weiter eilig haben.

Am Bow Valley Parkway können wir mehrere Male einen Schwarzbären beobachten, wie er sich den Bauch voll Beeren schlägt. Gute Fotos zu machen, ist aufgrund des dichten Unterholzes und der schlechten Lichtverhältnisse aber nicht leicht.

Bergpanorama und ein Adlernest an der Castle Junction

Ungefähr auf halber Strecke entlang des Bow Valley Parkway befindet sich die Castle Junction, hier zweigt der Highway 93 vom TCH in den Kootenay National Park ab. Und hier ergeben sich einige schöne Fotomotive, weshalb du den kleinen Abstecher über die Castle Bridge nicht auslassen solltest:

  • Der Castle Mountain, nach seiner burgartigen Form benannt, vermag aus verschiedenen Perspektiven zu überzeugen.
  • Die Castle Bridge, die den Bow River überspannt, gibt außerdem einen schönen Vordergrund ab.
  • Das i-Tüpfelchen: Schon seit Jahren brütet ein Fischadler-Pärchen auf der Brücke. Wir sind ganz begeistert, die jungen, schon fast flüggen Adler bei ihrem Flugmuskeltraining beobachten zu können. Die Bilder dazu gibt es in unserem Beitrag zu Tierbegegnungen.
Castle Mountain
Castle Mountain

Massenandrang am Lake Louise und Moraine Lake

Nach unserer dritten und letzten Nacht am Two Jack Lake werden wir noch mit einem Regenbogen verabschiedet. Dann lassen wir es uns nicht nehmen, auf dem Weg zum Icefields Parkway auch noch zwei Seen zu besuchen, die hochgelobt sind und gefühlt irgendwie zum „Pflichtprogramm“ eines Aufenthalts im Banff National Park gehören.

Regenbogen am Two Jack Lake
Regenbogen am Two Jack Lake

Selfie-Studien am Lake Louise

Am Lake Louise wartet ein großer Parkplatz auf uns, sodass man hier keine Probleme haben sollte, wenn man vormittags eintrifft. Einiges los ist trotzdem schon – der See wird auch von vielen Tourbussen angefahren. Wir beobachten, welch hohen Stellenwert Selfies für die meisten Besucher haben müssen und amüsieren uns darüber, wie sich eine Frau jedesmal neu in Pose wirft, nochmal die Frisur überprüft und weitere Selfies macht.

Wir machen ja auch ab und zu gerne mal ein Selfie, aber was Menschen daran finden, sich vor jeder Sehenswürdigkeit im Banff oder anderswo selbst zu fotografieren, bleibt uns ein Rätsel. Deshalb verziehen wir uns auch schnell wieder, zumal sich die Sonne hier und heute einfach nicht blicken lassen will.

Selfies am Lake Louise
Selfies am Lake Louise

Parkplatznot am Moraine Lake

Zum nicht minder berühmten Moraine Lake führt eine ca. 11 km lange Stichstraße, die sich durch die Berglandschaft windet. Unsere Zuversicht, um 9 Uhr morgens noch vor den meisten Menschen anzukommen, weicht bald der Ernüchterung: Der nicht so große Parkplatz am Ende der Straße ist schon voll! Wenigstens können wir noch am Straßenrand parken. Aber alle, die nach halb zehn ankommen, müssen umkehren oder einen weiten Fußweg auf sich nehmen.

Insofern haben wir eigentlich noch Glück, auch wenn die menschliche Karawane Richtung See unsere Stimmung nicht gerade hebt. Wir laufen und klettern auf den „Rock Pole“, einem direkt an den See angrenzenden Hügel aus Felsen und Geröll. Dies ist auch der bekannteste Aussichtspunkt. Der kurze Anstieg und der begrenzte Platz auf den Felsen haben den positiven Effekt, dass sich hier oben nicht ganz so viele Menschen tummeln – genug sind es immer noch. Ich muss Geduld mitbringen, um den See so zu fotografieren, dass ich keine weiteren Menschen im Vordergrund auf dem Bild habe.

Und dann ist der Moraine Lake auch wirklich schön – von beeindruckender Farbe und von vielen Bergspitzen eingeschlossen. Wir versuchen uns vorzustellen, wie es für die Malerin gewesen sein mochte, die hier vor hundert Jahren stand – gleichzeitig tragen wir nun ja selbst dazu bei, dass sich hier viele Menschen aufhalten.

Moraine Lake
Moraine Lake
Vielleicht hätten wir vom Moraine Lake aus auch noch eine Wanderung machen sollen – dass man sich dadurch schnell von der Menschenmenge entfernen kann, haben wir ja schon mehrfach gemerkt. An diesem Tag fehlt uns aber schlicht die Zeit, denn nun geht es weiter auf einer der schönsten Panoramastraßen der Welt: dem Icefields Parkway Richtung Jasper.

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Fazit

Der Ort Banff gefällt uns zwar viel weniger als Jasper, den landschaftlichen Sehenswürdigkeiten und der Natur im Banff National Park tut das aber natürlich keinen Abbruch, diese ist großartig. Dazu kommt noch die Erinnerung an einen der schönsten Campgrounds unserer Reise.

fernweh-logo-gruen-150Tipps

 

Icon Campground 256

Campground

Um nicht nur einen Platz auf dem Two Jack Lakeside Campground zu bekommen, sondern sogar einen direkt am See, war Vorbereitung und etwas Glück nötig: Ich habe sekundengenau zu der Uhrzeit am Rechner gesessen, als die Reservierungen geöffnet wurden und sofort geklickt. Belohnt wurden wir mit einer traumhaften Site.

Vor Ort hätten wir keinen Platz mehr bekommen. Deshalb hier frühzeitig reservieren: Parks Canada Reservation Service

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Restaurant

Während unserer Streifzüge auf dem Bow Valley Parkway haben wir das Baker Creek Bistro entdeckt und sind spontan dort eingekehrt.

Das Restaurant-Café ist Teil eines Resorts, wobei wir nur das Essen beurteilen können – wir waren sehr zufrieden! Uns erwarteten leckere Burger im urigen Kaminzimmer, so ließ es sich gut aushalten, während es draußen gerade mal regnete.

Weiterlesen: Unsere Erlebnisse im Anschluss findest du im Artikel zum Icefields Parkway.

Hast du eigene Erfahrungen mit dem Banff Nationalpark oder können wir dir Fragen beantworten? Wir freuen uns auf deinen Kommentar, den du nachfolgend schreiben kannst! 🙂