Bärengeschichten – oder: Wovor man sich wirklich fürchten muss
Gleichzeitig ist es aber auch wichtig, weder sich selbst noch das Tier in Gefahr zu bringen – was sich natürlich auf alle Wildtiere bezieht, nicht nur auf Bären. Und in dieser Hinsicht mussten wir in Nordamerika leider auch schon sehr negative Erfahrungen machen, die uns traurig, aber auch wütend machten – und auf die wir ebenfalls unbedingt aufmerksam machen wollen.
Eine besondere Begegnung auf Vancouver Island
Wir machen morgens unser Wohnmobil klar Schiff und beschließen, von unserem Campground aus noch mal zum Strand zu laufen. Es ist 8:15 Uhr und Ebbe und da kann man besonders viel sehen. Die Strände hier im Süden von Vancouver Island sind durch reiche Natur geprägt und so erhoffen wir uns einen schönen Morgenspaziergang am China Beach, der am Beginn des Juan de Fuca Provincial Park liegt.
Zum Glück machen wir anscheinend alles richtig und auch der Schwarzbär verhält sich so, wie es natürlicherweise sein sollte. Wir gehen ganz langsam zurück, als wäre nichts geschehen, Klaus dreht sich immer mal wieder um und schaut, was die Bären machen (die Bärenmama ist nicht mehr zu sehen) und dann sind wir in Sicherheit. Puh! So schön es ist, Schwarzbären von nah zu sehen (oh und wie süß und knuddelig der kleine Bär war!), so gefährlich kann so eine Situation werden, wenn man sich nicht korrekt verhält oder die Bären gar bereits an Menschen gewöhnt sind. Insbesondere Bären mit Jungtieren können unberechenbar sein.
Aber es ist ja alles gut gegangen und wir sind schließlich im Bärengebiet. Wir gehen also nicht mehr zum Strand, sondern fahren direkt weiter. Natürlich gibt es davon keine Fotos, das wäre dann wirklich leichtsinnig gewesen, aber die Bilder haben sich für immer in unserem Kopf gespeichert, regelrecht eingebrannt.
Natürlich wissen wir um die Sicherheitsmaßnahmen für Wanderungen im Bärengebiet: möglichst nicht alleine wandern, viele Geräusche machen: singen, „Hey Bär!“ rufen, sich laut unterhalten, damit die Bären die Menschen schon von Weitem hören und sich wegtrollen, ein akustisches Alarmsignal ist eigentlich auch im Reisegepäck. Aber irgendwie haben wir diesen kleinen Spaziergang nicht als „Wanderung“ wahrgenommen und waren ganz arglos: schließlich waren wir doch in unmittelbarer Nähe zum Campground und so sind wir andächtig und leise durch den Wald gegangen. Aber dies hier ist Wildnis und da muss man eigentlich immer mit wilden Tieren rechnen. Im weiteren Verlauf unserer Kanada-Reise sind wir vorsichtiger. Aber es ist ja alles gut gegangen und der Anblick der beiden Bären war auch ein besonderes Erlebnis.
Bären vom Auto oder Wohnmobil aus sehen und fotografieren
Ganz anders ist die Situation natürlich, wenn man vom Auto aus Tiere beobachtet. Dies geht in Nordamerika und Kanada besonders gut. Man „cruist“ gemütlich mit Auto oder Camper durch die Landschaft und hält die Augen offen. So sind uns aus der sicheren Entfernung und im geschützten Wagen auch schon öfter Bären begegnet.
Schwarzbär in den Beerenbüschen, Banff National Park
Mit unseren Bärenfotos aus dem Auto sind wir nur mäßig zufrieden, meist sieht man den Bären nicht komplett, er ist zu weit weg oder es ist ein Stück Auto oder Straße mit auf dem Bild. Schon im Beitrag zu unseren Tierbegegnungen in Kanadas Westen hat Klaus beschrieben, wieviel häufiger es uns gelungen war, einen Bären zu sehen, als ihn auch gut zu fotografieren.
Was uns mehr erschreckt hat als der Bär vor uns
Mit schlechten oder fehlenden Fotos muss man leben, wenn man sich selbst und den Bären nicht in Gefahr bringen will. Dieses Bewusstsein allerdings haben viele Touristen leider nicht. Während unserer Reise durch Kanada ist es uns besonders negativ aufgefallen, wie viele Menschen doch scheinbar denken, sie seien im Zoo und nicht in der Wildnis.
Wir haben mehr als einmal Szenen wie diese beobachtet. Dass sich ein kleiner Stau, ein sogenannter „bear jam“ bildet, wenn ein Tier gesichtet wird, empfinden wir ja noch als normal und kennen es auch aus dem Yellowstone – wir haben in so einer Situation mehrfach auch selbst angehalten und aus dem Fahrzeug heraus fotografiert. Was uns erschreckt und auch wütend gemacht hat, geht aber weit über dieses Verhalten hinaus.
Einmal ging es sogar so weit, dass der Bär so sehr bedrängt wurde, dass er schließlich kurz drohte (einen Scheinangriff machte), was einen kurzen Nervenkitzel-Aufschrei unter den „Bärenjägern“ auslöste, und in Panik die Straßenseite wechselte. Doch damit nicht genug, schnell rannte die Meute auch auf die andere Seite, auf der Jagd nach dem perfektem Foto.
Und, was ist schon dabei, könnte man fragen? Ist doch nochmal gut gegangen und die Leute sind doch selber Schuld. So einfach ist es unserer Meinung nach nicht:
- Der Bär ist darauf angewiesen im Sommer ungestört seinen Winterspeck anzufressen und es schadet ihm, wenn er dabei gestört wird.
- Kommt es dazu, dass der Bär einen Menschen angreift oder gar tötet, wird er zum „Problembär“ und muss er zumindest umgesiedelt oder oft sogar erschossen werden. (Ähnliches gilt, wenn er zu sehr an Menschen gewöhnt wird, die ihren Müll und Essensreste auf dem Campingplatz ungesichert und frei zugänglich lassen.) Ein an den Menschen gewöhntes Tier wird zur Gefahr und muss getötet werden.
- Leider kommt es immer wieder vor, dass Wildtiere über die Straße flüchten, wenn sie sich bedrängt fühlen, und dort von vorbeifahrenden Fahrzeugen, z.B. LKW, angefahren werden.
- Übertreten Touristen immer wieder Verbote und verhalten sich rücksichtslos in Nationalparks, so wird dies möglicherweise die Folge haben, dass Straßen und Gebiete für alle Touristen gesperrt werden, um den Tieren ihren Lebensraum zu lassen.
Uns hat dieses Verhalten sehr geärgert und wir sind nicht müde geworden, dazu etwas zu sagen. Wir haben solche Personen, die ausgestiegen und sich den Tieren genähert haben, auch angesprochen, ihnen zugerufen, sie versucht zur Vernunft zu bringen – leider nur mit mäßigem Erfolg.
Wie sollte man sich denn nun richtig verhalten?
Mit etwas „gesundem Menschenverstand“ sollte klar sein, dass man sich in freier Wildbahn nicht wie in einem Zoo verhalten kann. Dabei geht es keineswegs nur um Bären – so werden im Yellowstone Nationalpark beispielsweise mehr Menschen durch Bisons verletzt als durch Bären.
Ich habe mich im Internet umgesehen und kann dir folgende Seiten empfehlen, die genauer beschreiben, wie man sich gegenüber Wildtieren verhalten sollte:
Tips for Watching Roadside Bears • Die offizielle Website des National Park Service beschreibt exemplarisch für den Yellowstone, wie man sich im Falle eines „Bear Jam“ richtig verhält.
Vom sicheren Umgang mit Wildtieren in Kanada • Die Beschreibung der „Two Biologists on Tour“ finde ich empfehlenswert, es geht dabei auch um den Umgang mit Pflanzenfressern.
Allein unter Grizzlys – Wandern und Zelten in Bärengebieten • Fräulein Draußen schreibt in ihrem Blogbeitrag speziell zur Problematik, alleine im Bärengebiet zu wandern.
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Wir sind Kerstin und Klaus. Mit unserer Tochter (Lundi) reisen wir inzwischen zu dritt.
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Fazit
Unsere direkte Begegnung mit einem Schwarzbären mit Jungem war zwar sehr aufregend und unvergesslich, lieber ist und bleibt uns aber, solche Tiere vom Autofenster oder aus sicherer Distanz beobachten zu können.
Wie rücksichtslos und dumm sich viele Menschen bei der Begegnung mit Wildtieren verhalten, finden wir erschreckend – und leider haben wir das Gefühl, dass es im Lauf der Jahre eher schlimmer als besser geworden ist. Bitte hilf mit, dass sich diese Negativentwicklung nicht fortsetzt!
Tipps
Sei nicht dumm
Silke vom Blog Safe Travels wendet sich in ihrem Beitrag „10 Dinge, an denen Du garantiert erkennst, daß Du dumm bist“ gegen die Ignoranz und Rücksichtslosigkeit der Menschen. Es bleibt uns nur zu hoffen, dass genug Menschen solche Beiträge auch lesen und im Idealfall auch diejenigen ansprechen, die sich „dumm“ verhalten.
Teleobjektiv nutzen
Ich weiß, nicht jeder ist ein Hobbyfotograf oder will Geld für teure Objektive ausgeben – aber nur mit einer Brennweite von mindestens 200 mm oder meist (viel) mehr wirst du ansprechende Fotos von Wildtieren machen können, ohne dich selbst und das Tier in Gefahr zu bringen. Hier findest du unser Equipment.
Ein schöner und wichtiger Beitrag! Wir haben 2013 Bären in Rumänien beobachten können. Dabei haben wir uns einer Tour mit einem Förster angeschlossen und in einer Beobachtungshütte im Wald ausgeharrt. Es war wahnsinnig spannend, als drei Bären in der Dämmerung vorbei marschierten. Bedenklich hingegen war, dass der Förster vor Betreten der Hütte, Schokolade auslegte, um die Tiere anzulocken. Nervenkitzel dann, als wir den Posten bei Dunkelheit wieder verlassen mussten. Ob die Bären noch in der Nähe waren?
Danke für deinen Kommentar, liebe Carolin. Tja, das was du beschreibst ist wirklich bedenklich, kommt aber wahrscheinlich nicht selten vor. Schließlich will man die Teilnehmer so einer Tour zufriedenstellen, bringt sie und die Bären aber dabei in Gefahr. Aber ein tolles Erlebnis war es mit Sicherheit, die Bären im Schutz der Hütte aus nächster Nähe beobachten zu können. Ein bisschen Schiss hätte ich beim Verlassen dann allerdings auch gehabt. Schön, dass alles gut ausgegangen ist.
Die Sache ist doch die – wie verhält man sich denn „korrekt“ ? Ich habe mich auch mal vor einiger Zeit durch´s Internet gelesen. Es gibt so viele Ansichten, wie man sich zu verhalten hat, wenn man tatsächlich einem Bären über den Weg läuft. Mir ist es zum Glück noch nie passiert, aber ich kann mir vorstellen, dass locker die Hälfte aller Menschen „falsch“ handeln und dadurch erst die entsprechende Reaktion provozieren. Sei es loszuschreien, um das Tier zu verjagen, stehen zu bleiben und es anzustarren, oder gar umdrehen und (zu schnell) weg gehen. Ich glaube, das kommt halt auch auf den Bär an. Manche sind vielleicht nicht mehr so scheu wie andere, wie will ein Mensch sowas einschätzen ? Besonders wir Deutschen, die ja in der Regel Null Kontakt zu freien, potentiell gefährlichen, Wildtieren mehr haben. Wie gesagt, finde ich es schwierig, von einem korrekten Verhalten zu sprechen. Man sollte sich natürlich vorbereit und, ganz dringend, vor Ort mit Park Rangern usw. sprechen und sich deren Tipps zu Herzen nehmen. Die sollten wissen, wovon sie reden.
Hallo Schwerti, ich denke, dass sich bei unserer Bärenbegegnung Mensch und Tier intuitiv richtig verhalten haben. Die Bären sind geflohen und wir haben uns langsam zurückgezogen. Es ist wichtig nicht in Panik weg zu rennen, man sollte dem Bären auch nicht den Rücken zudrehen, damit man selbst weiß, was er macht. Ganz blöd wäre gewesen, noch hinter her zu gehen, weil man den süßen kleinen Bären noch fotografieren will. Bären sind gute Mütter, die alles daran setzen, ihre Jungen zu beschützen. Dann wird es gefährlich. Bei Angriffen sieht es natürlich wieder anders aus, das führt aber zu weit und da gibt es Leute, die einen besser beraten können als wir. Insofern hast du Recht, das kommt auch immer auf die individuelle Situation an. Bei unserem Artikel geht es uns aber vor allem auch um das Verhalten der Leute bei den Bärensichtungen von der Straße aus. Und da finde ich, dass das einzig richtige Verhalten ist, im Auto zu bleiben, den Bären nicht zu bedrängen und ihn nicht zu füttern.
Da bin ich ganz bei Dir, Kerstin. Auszusteigen und Tiere (egal welche) zu bedrängen, finde ich auch nicht in Ordnung. Wenn man dann noch mit seiner eigenen Gesundheit und der des Tieres spielt, erst recht nicht. Ich kann solche Schwachköpfe nicht verstehen und schüttele mit dem Kopf, wenn ich Eure Fotos sehe.Wie kann man so hohl sein ? Als ob es nicht reichen würde, kurz anhalten, ob man was sehen kann und wenn nicht, dann halt nicht, weiter fahren. Unbegreiflich sowas. Leider lernen die meisten es erst, wenn es zu spät ist. Und auch dann wird die Schuld ja eher bei anderen und bei dem Tier gesucht.
wirklich erschreckend, dass sich so viele Touristen so verhalten und gut, dass ihr auch darüber berichtet, leider habe ich auch schon häufig mitbekommen, wie sich Touristen in der Natur daneben benehmen, z.B. in Island, wo viele bei einem Wasserfall über die Absperrung geklettert sind um Fotos zu machen, das sie dabei die Vegetation platttrampeln, die in Island sehr langsam wächst war ihnen egal und auch, dass sie dabei allen im Bild standen, die hinter der Absperrung standen
da kann man nur hoffen, dass solche Artikel dazu beitragen, dass sowas in Zukunft seltener passiert
Hallo Melli, danke für deinen Kommentar. Ja, es ist wirklich erschreckend, wie sich viele Touristen benehmen. Ich ärgere mich z.B. auch immer, dass die Leute wirklich in jedes noch so kleine Gewässer Münzen schmeißen müssen. Im Yellowstone wird auch gerne mal über Absperrungen geklettert und die empfindliche dünne Erdkruste in den Geothermal-Gebieten beschädigt. Ach, die Liste kann man leider noch um so einiges Unschönes erweitern. Hoffen wir mal, dass wir wirklich dazu beitragen können, den ein oder anderen zu sensibilisieren, respektvoll mit der Natur und ihren Lebewesen umzugehen.