Der Jasper National Park – tolle Landschaft ohne Massenandrang

von 22.Sep.201612 Kommentare

Wir lassen den Blick über die Berge und den See schweifen, der von Wald gesäumt ist, während sich Kerstin eine kostenlose „Fisch-Pediküre“ gönnt – ein Junge hat uns zuvor gezeigt, wie immer mehr Jungfische angeschwommen kommen, wenn man die Füße ganz still im Wasser hängen lässt. Sie „knabbern“ dann ein wenig, es fühlt sich kitzelig an. Ein paar Meter weiter entdecken wir einen Loon (deutsch: Eistaucher) und wir können ihn sogar tauchend beim Fischfang beobachten, so klar ist das Wasser hier. Es handelt sich übrigens um das kanadische Nationaltier, das auch auf der 1-Dollar-Münze abgebildet ist – die deshalb umgangssprachlich Loonie genannt wird.
Diese Szene spielt sich am Leach Lake im Jasper National Park ab und steht sinnbildlich für unseren Aufenthalt dort – Seen, Berge, Wald und Tiere, aber auch ein reizvolles Städtchen. Der Leach Lake ist ein relativ unbekannter See, zu dem man aber trotzdem sehr leicht gelangen kann – man muss nur den alten Highway 93A nehmen, der ein Stück südlich von Jasper westlich der neuen Trasse des Icefields Parkway (HW 93) verläuft. Ein kleiner Parkplatz und mehrere Parkbuchten sowie Picknicktische befinden sich direkt zwischen See und Straße, außerdem gibt es dort einen kleinen Holzsteg – den Kerstin gerade für ihre „Pediküre“ nutzt.

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Die nördliche Hälfte des Icefields Parkway liegt zwar im Jasper National Park, eine Beschreibung dieser herrlichen Panoramastraße verdient jedoch einen eigenen Beitrag und bleibt hier deshalb außen vor.

Idylle am Pyramid Lake

Den Nationalpark hatten wir schon am Vortag erreicht, als wir von Banff kommend über den Icefields Parkway nach Jasper fuhren. Nach der ersten Nacht auf dem Whistler’s Campground sind wir früh aufgestanden und haben uns auf den Weg zum Pyramid Lake gemacht, der zusammen mit dem Patricia Lake auf einer Hochebene oberhalb von Jasper Town liegt. Zu unserer Freude können wir auf dem Hinweg einen Schwarzbären beobachten (aber leider nicht fotografieren) und sind direkt erstaunt, nur so wenige Menschen am Pyramid Lake vorzufinden.

Unser Ziel ist Pyramid Island, eine kleine Insel, die man über eine Holzbrücke erreichen kann. Der Vorteil der Insel ist, dass man den See zu allen Seiten fotografieren kann und somit zu jeder Tageszeit gutes Fotolicht erwischt. Wir finden die morgendliche Ruhe trotzdem am schönsten, zumal dann der Pyramid Mountain von der Sonne angestrahlt wird und sich im Wasser spiegelt – ein tolles Fotomotiv. Dort gibt es auch die Möglichkeit, aus dem Wasser ragende Steine oder Äste als Bildvordergrund zu verwenden.

Pyramid Mountain und Lake
Pyramid Mountain und Lake
Icon_camera_128Wir haben Glück, tolles Wetter und ein spiegelglatter See haben wunderbare Fotos möglich gemacht, wie man sie sich nur wünschen kann! Die Chance auf eine glatte Wasseroberfläche ist übrigens früh morgens bei den meisten Seen am höchsten, wenn noch kein Wind aufgekommen ist.

Warum uns Jasper besser gefällt als Banff

Auf dem Rückweg vom Pyramid Lake fahren wir nach Jasper hinein, um das Städtchen ein wenig zu erkunden und etwas zu essen (es handelt sich um nur ca. 15 Minuten Fahrzeit). Der Ort Jasper gefällt uns auf Anhieb besser als Banff, das wir als sehr touristisch und vollgestopft mit Menschen empfunden haben (Reisezeit in der Hauptsaison).

Wir haben kein Problem, einen Parkplatz für unseren Truck Camper zu finden und laufen zunächst entlang des Connaught Drive (das Hauptgeschehen spielt sich zwischen Connaught Drive und Patricia Street ab). Unser erstes Ziel ist das Visitor Center, das sich (im Gegensatz zu Banff) sowohl von außen wie auch von innen richtig schön präsentiert. Wir mögen einfach die Gift Shops und freundliche Mitarbeiter bzw. Ranger, wie wir sie aus den USA kennen – und Jasper kann das definitiv bieten! Das Visitor Center macht uns um einige Mitbringsel reicher und einige Dollars ärmer…

Gut gelaunt schlendern wir weiter und entdecken den Shop „Our Native Land“ mit vielen schönen indianischen Dingen, oft handgefertigt. Auch weitere Geschäfte gefallen uns gut.

Icon_Eat_128Abends „flüchten“ wir vor einem Gewitter in den meist gut besuchten Pub Jasper Brewing Company, in dem man sich nicht nur durch viele Biersorten durchprobieren, sondern auch rustikal und gut essen kann.

Alles in allem hat uns Jasper Town besser als der Ort Banff gefallen (es geht dabei ausdrücklich nicht um die Sehenswürdigkeiten im gleichnamigen Nationalpark, sondern nur um die Ortschaften!), weil:

  • Jasper einen ruhigeren und weniger wuseligen Eindruck gemacht hat;
  • die Straßen weniger von Menschen und Autos verstopft waren (Banff scheint v.a. bei Asiaten sehr viel beliebter);
  • das Visitor Center viel schöner ist;
  • die Geschäfte etwas weniger touristisch erscheinen.

Ausflug zum Maligne Canyon und Maligne Lake

Icon_Road_256Bei einem Besuch des Jasper National Parks gehört ein Ausflug Richtung Maligne Lake fast schon zum Pflichtprogramm. Die Stichstraße führt durch schöne Berglandschaft vorbei am gleichnamigen Canyon, weiter zum Medicine Lake und endet am Maligne Lake. Bis dorthin sind von Jasper aus fast 50 km zurückzulegen und alleine für die Hin- und Rückfahrt solltest du zweieinhalb bis drei Stunden einkalkulieren.

Im Gegensatz zu den meisten Besuchern haben wir uns entschieden, nicht morgens in das Tal hineinzufahren und dort den Tag zu verbringen, sondern erst nachmittags zu starten. Das bedeutet zwar, dass wir uns nicht mit dem Boot bis Spirit Island fahren lassen können, da diese nur bis ca. 18 Uhr ablegen, aber dafür erhoffe ich mir weniger Andrang und gutes Fotolicht zum Abend. Außerdem erscheinen uns die 65 $ (pro Person!) für die Bootstour reichlich teuer.

Schon kurz nach Beginn der Maligne Road erreicht man das erste Highlight, den Maligne Canyon. Wir haben zwar zuvor schon mehrere Canyons gesehen, aber diesen sollte man trotzdem nicht auslassen, denn mit einer Tiefe von über 50 Metern ist die enge Schlucht wirklich beeindruckend. Ein Pfad verläuft am oberen Canyonrand und mehrere Brücken erlauben tolle Blickwinkel und Fotos.

Zurück auf der Straße kommen wir bald zum nächsten Aussichtspunkt am Nordende des Medicine Lake. Dort hat es erst letztes Jahr heftig gebrannt und die verkohlten Baumgerippe tragen zu einer ganz eigenen Atmosphäre bei. Der Blick auf den See und die benachbarten Berge ist dennoch schön und wir haben sogar das Glück, dass sich ein Regenbogen bildet.

Verbrannte Bäume und Regenbogen auf der Maligne Road
Verbrannte Bäume und Regenbogen auf der Maligne Road
Der Medicine Lake hat keinen sichtbaren Abfluss, erst in den 1970er Jahren fanden Geologen heraus, dass es ein unterirdisches Abflusssystem gibt. Das führt auch zu sehr unterschiedlichen Wasserpegeln (von flussartig bis See) und inspirierte früher die Indianer dazu, den See als „heiliges Gebiet“ anzusehen.

Leider führt ein aufziehendes Gewitter dazu, dass wir den Maligne Lake und die dahinter liegenden Berge nicht mehr im besten Licht bewundern können. Die Fahrt hat sich trotzdem gelohnt, wir sind abends auf dem Rückweg fast alleine unterwegs.

Die Umgebung der Maligne Road ist übrigens auf voller Länge sehr tierreich, so wird z.B. explizit auf die seltenen Mountain Cariboo hingewiesen. Bitte fahre langsam und genieße die Aussichten!

Gletschersee und Morgensonne am Mount Edith Cavell

Am nächsten Morgen brechen wir früh auf, denn ich habe geplant, den Mount Edith Cavell in der Morgensonne bestaunen zu können. Um zu diesem über 3300 Meter hohen Berg zu gelangen, muss man von Jasper kommend zunächst auf den alten Highway (93A) fahren und nach einigen Kilometern in eine schmale, aber durchgehend asphaltierte Stichstraße abbiegen. Zu Beginn dieser Cavell Road gilt es, mehrere enge Serpentinen zu überwinden, dementsprechend sind Trailer und größere Wohnmobile (ab 7 m Länge) nicht erlaubt. Unser Truck Camper misst etwas über 7 Meter und die Kurven sind problemlos befahrbar.

Die Zufahrt lohnt sich, Touristenbusse kommen hier nicht hoch und wir sind auch noch so früh, dass wir uns einen Parkplatz aussuchen können. Schon von hier aus sieht der Berg imposant aus, aber über einen knapp einen Kilometer langen und relativ leichten Trail gelangt man zu einem Aussichtspunkt, der noch viel besser ist: Nun schauen wir nicht nur auf den von der Morgensonne angestrahlten Berg, sondern können auch den kleinen Gletschersee zu seinen Füßen sehen. Tatsächlich schwimmen auch Mitte August noch kleine Eisberge auf dem See!

Mount Edith Cavell
Mount Edith Cavell mit Gletschersee
Bis 2012 konnte man noch direkt zum See hinlaufen, doch dann ist vom oberhalb liegenden Gletscher ein riesiger Eisbrocken abgegangen und in den See gerutscht, wodurch eine hohe Flutwelle verursacht wurde. Zum Glück hielten sich zu diesem Zeitpunkt keine Menschen am See auf, denn sie hätten wahrscheinlich nicht überlebt. Doch auch vom ein Stück weiter entfernten Punkt aus ist der Blick schön.

Icon HikingVon hier aus kann man übrigens auch durch die wunderbar gelegenen Mount Edith Cavell Meadows wandern. Zu unserem Besuchszeitpunkt gab es dort oben jedoch eine Sperre aufgrund verstärkter Aktivität von Grizzlybären (und zumindest bei einem Exemplar wurde berichtet, dass er nicht vor Wanderern davonlief…), woran wir uns – im Gegensatz zu anderen Wanderwilligen – auch hielten.

Cavell Lake mit Bergkulisse
Bergkulisse vom Mount Cavell aus gesehen

Frühstück am Leach Lake

Wieder im Tal nutzen wir die Gelegenheit, erneut den alten Highway Richtung Süden zu fahren. Im Gegensatz zum Icefields Parkway sind nur wenige und keine schnellen Fahrzeuge unterwegs, weshalb das „Cruisen“ und nach Tieren Ausschau halten (sowie ein eventuelles Anhalten) leicht fällt. Leider treffen wir jedoch nur auf Kanada-Gänse.

Wir beschließen, am Leach Lake zu frühstücken, den wir ja schon am Vortag besuchten und das Erlebnis mit der Fisch-Pediküre und dem Loon hatten. Wir sind die meiste Zeit alleine und genießen es sehr, an diesem wunderschönen Fleckchen mit Spiegelei, Sandwich, Orangensaft und frisch gebrühtem Latte Macchiato essen zu können – unzweifelhaft ein großer Vorteil eines Wohnmobil-Urlaubs (wie wir auch unterwegs zu leckerem Espresso gekommen sind, erzählen wir dir hier)!

Wir lassen uns noch viel Zeit, bevor wir die Weiterfahrt Richtung Mount Robson antreten, doch davon an anderer Stelle mehr.

Unser Blick vom Frühstückstisch zum Leach Lake
Unser Blick vom Frühstückstisch zum Leach Lake

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Fazit

Der Jasper National Park hält einige wunderschöne Sehenswürdigkeiten und Landschaften bereit und scheint weniger „überlaufen“ zu sein, was nur ein Vorteil sein kann.

Wunderbare Erlebnisse hatten wir v.a. am – bekannten – Pyramid Lake, aber auch am – eher unbekannten – Leach Lake. Jasper Town hat uns mit Abstand besser gefallen als die Stadt Banff und im Nachhinein hätten wir hier auch gerne noch eine Nacht länger verbracht.

fernweh-logo-gruen-150Tipps

 

Campground

Als Übernachtungsort haben wir uns den nicht weit vom Ort Jasper entfernten Whistler’s Campground ausgesucht und diese Entscheidung auch nicht bereut.

Für diejenigen, die kleinere Campgrounds bevorzugen, mögen die beachtlichen 781 Sites abschreckend erscheinen, aber die großzügige Aufteilung der Loops und Sites lässt nie das Gefühl aufkommen, auf einem derart großen Campground zu sein. Manchmal durchstreifen sogar Wapiti-Hirsche den Campground.

Foto-Guide

Im Rahmen meiner Recherchen nach guten Reiseführern für Kanada bin ich auf die Foto-Guides (E-Books) des herausragenden kanadischen Fotografen Darwin Wiggett aufmerksam geworden. Die 10 $ pro Buch (im Bundle günstiger) sind dann gut investiert, wenn du dich für Landschaftsfotografie interessierst und detailliertere Tipps möchtest, als sie ein normaler Reiseführer bieten kann.

Die E-Books gibt es nur auf englisch und du musst Darwin kontaktieren, um von Europa aus bestellen zu können – das verläuft aber völlig problemlos. Hier zur Beschreibung: Guide to Jasper National Park

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