Wie du Vancouver mit dem Fahrrad erkundest
Den Besuch von Vancouver haben wir bewusst an den Anfang unserer Rundreise durch den Westen British Columbias gelegt, damit hatten wir schon in San Francisco gute Erfahrung gemacht. Allerdings haben wir dieses Mal nicht von Anfang an ein eigenes Fahrzeug, nach etwas Recherche war schnell klar, dass man in Vancouver gut ohne Mietwagen auskommt.
Aber nicht nur, dass der öffentliche Personennahverkehr (v.a. für amerikanische Verhältnisse) sehr gut ausgebaut ist, Vancouver legt auch Wert auf ein gutes Radwegenetz. Die Innenstadt wird durch den False Creek Meeresarm zur Halbinsel und ein großer Teil der Küstenlinie ist mit dem Seaside-Radweg erschlossen – das lädt gerade zu einer Bike Tour ein! Außerdem lässt sich das grüne Ende der Halbinsel, der riesige Stanley Park, am besten mit dem Rad umrunden.
So fällt uns der Entschluss leicht, Räder zu mieten und so auf Tour zu gehen. Und wir haben Glück, denn die Sonne begleitet uns die ganze Zeit und es herrschen angenehme Temperaturen.
Am False Creek entlang bis Granville Island
Nach der ersten, kurzen Nacht in Vancouver wachen wir jetlag-bedingt schon früh auf und machen uns nach einem kleinen Morgensnack auf den Weg zum Fahrradverleih in der Nähe der English Bay. Wir fahren zunächst mit dem Bus in die Innenstadt und steigen dort um. Weil wir 15 Minuten vor Öffnung des Bike Rental Shops ankommen, gehen wir noch in den Bioladen nebenan. Vancouver scheint noch grüner zu sein als San Francisco, es gibt sehr vieles bewusst ohne Plastikverpackung. Unseren Eistee bekommen wir später sogar in einer kompostierbaren Plastikalternative, die aus Maiskörnern hergestellt ist. Sehr löblich.
Die Übernahme der Räder gestaltet sich unkompliziert, wir bekommen technisch einwandfreie, relativ neue Bikes und jeweils einen Helm dazu. Aufgrund der Lage des Verleihs beginnen wir unsere Tour an der English Bay, die im Westen an die Innenstadt grenzt, und fahren zunächst in östlicher Richtung, um den False Creek zu umrunden. An der Science World fahren wir vorbei, denn wir wollen pünktlich am Granville Island Market sein – dort steht das erste Highlight an. Wir besuchen den Granville Island Public Market im Rahmen einer Foodie-Tour. In einer kleinen Gruppe gehen wir geführt von Sarah über den Markt und es gibt tatsächlich an acht verschiedenen Stationen etwas zu probieren. Das ist wirklich sehr zu empfehlen (siehe Tipp am Ende des Artikels)!
Vom Kitsilano Beach über den Canada Place zum Stanley Park
Hinter Granville Island führt der Weg durch den Vanier Park zum bekannten und beliebten Kitsilano Beach. Es ist so schönes Wetter, dass sich auch an diesem Montagmorgen bereits einige Sonnenanbeter am Strand aufhalten und auch wir nutzen die Gelegenheit, um uns kurz auszuruhen und das Treiben zu beobachten.
Weiter geht es über die Granville Bridge Richtung Downtown. Wir wollen die Innenstadt einmal geradlinig durchqueren, was aufgrund der separaten Spur für Bikes leicht fällt. Und überhaupt: Vancouver eignet sich hervorragend zum Radfahren. Alles ist schön flach und es gibt richtig tolle Radwege. Es gibt sogar Geschwindigkeitsbegrenzungen für Radfahrer (mancherorts darf man nur 15 km/h fahren), ab und zu gibt es ein Überholverbot und manche Radwege sind Einbahnstraßen. Die Leute verhalten sich außerdem total brav. Wenn auf dem Radweg ein Schild erscheint, dass man die nächsten 30 Meter bitte absteigen und schieben soll, halten sich ausnahmslos alle daran.
Der Canada Place ist ein Wahrzeichen von Vancouver und soll mit seinen stilisierten Segelmasten an ein Schiff erinnern. Als wir dort ankommen, hat auch gerade ein großes Kreuzfahrtschiff angelegt, weshalb wir von dem eigentlichen Gebäude wenig zu sehen bekommen. Also geht es weiter in westlicher Richtung zum Stanley Park!
An der Seewall entlang zurück zur English Bay
Der riesige Stanley Park im Westen der Halbinsel von Vancouver ist die grüne Lunge der Stadt und teilweise sogar mehr Wildnis als Park – es gibt Hirsche und sogar Kojoten. Neben einem Wegenetz im Innern existiert auch ein äußerer Weg, der komplett an der Küste entlangführt und die Halbinsel so umrundet. Das ist ideal für Fahrradfahrer, die die Strecke an diesem schönen Sommertag auch zahlreich nutzen, und auch zu Fuß möglich, was aber viel mehr Zeit in Anspruch nimmt (nicht die Streckenlänge unterschätzen!).
Hier endet unsere Tour. Wir geben die Räder zurück und fahren etwas groggy mit dem Bus zurück zur Unterkunft.
Gastown und China Town am zweiten Tag
Zwei beliebte Stadtviertel haben nicht recht zu unserer Bike Tour gepasst, weshalb wir sie am zweiten Tag unserer Erkundung von Vancouver ansteuern.
Nachdem wir vormittags dem Granville Island Public Market einen zweiten Besuch abgestattet haben, geht es zum Gastown-Viertel. Ursprünglich mal die Keimzelle der Stadt, zwischenzeitlich dann ziemlich heruntergekommen, ist Gastown heute wieder ein Publikumsmagnet. Es gibt viel Kunsthandwerk, Second-Hand-Läden, aber auch „Touri-Gedöns“.
In einem Kaffeehaus an der Water Street setzen wir uns an die großen zur Straße hin geöffneten Fenster, trinken fair gehandelten Bio-Kaffee und essen ein sehr leckeres Stück Cheesecake. Danach kommen wir auf dem Weg zu China Town noch an der Statue vom Gassy Jack vorbei. Nach diesem „geschwätzigen Jack“, der Barbesitzer und Geschichtenerzähler war, wurde Gastown benannt.
Unseren Stadtbummel beenden wir im Dr. Sun Yat-Sen Classical Chinese Garden, einem kleinen, aber feinen chinesischen Garten. Während der Innenbereich Eintritt kostet, ist der Zugang zum Außenbereich frei.
Randnotiz:
Eine Besonderheit Vancouvers ist, dass manche Touristen-Hotspots wie Gastown und China-Town und die Armen- und Obdachlosenviertel sehr eng beieinander liegen.
In San Francisco haben wir zwar auch viele „Durchgeknallte“ gesehen, aber die waren irgendwie in einem romantischen Sinne crazy. Hier in Vancouver haben wir aber auch echtes Elend gesehen. Drogenabhängige, die in einer merkwürdig verrenkten Position im Stehen schlafen, während ihnen die Spucke herunter rinnt. Ein Wunder, dass sie nicht nach vorn umkippen und immer noch ihr in Plastiktüten verstautes Hab und Gut festhalten können.
Hehler, die allerhand Handyzubehör auf der Straße verticken, während andere auf dem Boden liegend direkt vor dem Stand schlafen. Obdachlose, die sich ein Bett aus Pappkartons gebaut haben und mitten auf der Fußgängerzone schlafen. Prostituierte, dick geschminkt mit Perücke, zerrissenen Netzstrumpfhosen und deutlich sichtbaren Einstichstellen, die morgens im Bus ein wenig schlafen.
Dass wir so etwas woanders nicht gesehen haben, soll nicht heißen, dass es das dort nicht gibt, so etwas gibt es hier genauso wie in Frankfurt, Berlin oder jeder anderen Großstadt. Es liegt unserer Wahrnehmung nach in Vancouver nur nicht im Verborgenen.
Diese Beobachtung soll dich aber nicht von einem Besuch Vancouvers abhalten, bzw. dies muss jeder für sich entscheiden! Wir haben Vancouver trotz des in manchen Vierteln sichtbaren Elends als facettenreiche und interessante Stadt empfunden.
Unterstütze uns
Hilft dir dieser Beitrag? Sag „Danke“ mit einem virtuellen Kaffee!
Wir sind Kerstin und Klaus. Mit unserer Tochter (Lundi) reisen wir inzwischen zu dritt.
Wir lieben es die Welt zu erkunden und dir Anregungen und Tipps für deine eigene Reise zu geben!
Beliebt:
Yellowstone National Park Camping: Unser großer Ratgeber für deine Planung
Erlebe den wundervollen Yellowstone mit dem Wohnmobil! Ich will dir dabei helfen, deine Fragen zum Yellowstone Camping zu beantworten. Welche Campgrounds gibt es und welche sind empfehlenswert? Was erwartet mich auf den Campgrounds und sollte ich einen Stellplatz reservieren? Uvm.
Mit Kindersitz im Wohnmobil oder Mietwagen in den USA & Kanada
Du willst mit deinem Baby oder Kind in die USA oder nach Kanada reisen und fragst dich, wie das nun mit Babyschale oder Kindersitz funktioniert? Oder ganz speziell, wie und wo man einen Kindersitz im Wohnmobil anbringen kann? In unserem großen Ratgeber-Beitrag findest du Antworten auf deine Fragen.
Camping in USA und Kanada: Reiseplanung Wohnmobil mit Packliste
Camper gebucht – und dann? Die Vorfreude ist groß und die Planung und Vorbereitung kann beginnen. Doch an was solltest du vor Reiseantritt noch denken, wenn du einen Roadtrip mit dem Wohnmobil planst? Worum solltest du dich noch zu Hause kümmern, welche Dinge mitnehmen?
Mietwagen oder Wohnmobil? Unser Ratgeber für USA und Kanada
Planst du einen Roadtrip in den USA oder Kanada und fragst dich, ob du ganz klassisch mit Mietwagen und Hotelübernachtungen oder mit einem Mietcamper (RV, Wohnmobil) unterwegs sein willst? Damit du es mit deiner Entscheidung leichter hast, folgt hier unser großer Vergleich.
Yellowstone National Park: Tiere beobachten und fotografieren
Neben den Geysiren und der wunderschönen Landschaft übt noch ein weiterer Aspekt eine große Anziehungskraft aus: Der Yellowstone beherbergt eine große Vielfalt an wilden Tieren und dieser Ratgeber-Artikel soll dir einige Tipps und Hinweise für Tierbeobachtungen und den Aufenthalt im Yellowstone mit auf den Weg geben.
Fazit
Wir mögen Vancouver: Es ist die Kombination aus Meer, viel Strand und den Bergen im Norden (den Coast Mountains), viel Grün (sowohl landschaftlich als auch ökologisch), interessanter Architektur und dem weltoffenen, alternativen und kunterbunten Flair, was es für uns ausmacht.
Und die Erkundung mit dem Fahrrad hat Spaß gemacht, zumindest bei gutem Wetter können wir sie sehr empfehlen!
Tipps
Granville Island
Unsere Eindrücke und die Erfahrung der gebuchten Foodie Tour haben wir separat beschrieben: Der Granville Island Public Market – eines unserer Vancouver-Highlights
Wow eure Unterkunft sieht ja traumhaft aus!
Ein sehr schöner Reisebericht. Vancouver hätte ich ehrlich gesagt vorher so gar nicht auf dem Schirm. Umso schöner auch mal einen kleinen Einblick in diese Stadt zu bekommen!
Danke für den dafür 🙂
Das ihr das alles ohne Auto und nur mit Fahrrad gemacht habt, finde ich auch sehr schön! Ich bin immer kein so großer Fan von Mietwagen.
Vancouver gehört für uns wirklich zu den schönsten und sehenswertesten „Big Cities“ des nordamerikanischen Westens, kann es auch mit San Francisco aufnehmen. Wer es etwas kleiner, aber trotzdem sehr schön mag, dem können wir auch Victoria auf Vancouver Island empfehlen.
Wir sind schon Fans von Roadtrips und Fahren mit dem Mietwagen (im Anschluss an Vancouver begann unser Trip im Truck Camper), aber nicht so gerne in der Großstadt. Und in Vancouver bietet es sich wirklich an, alles mit ÖPNV, Fahrrad und zu Fuß zu machen. 🙂
Hallo ihr Beiden
Da lässt ihr mich gerade in die Vergangenheit reisen… Auch wir haben unser Kanada-Abenteuer im 2012 in Vancouver gestartet und die Stadt schnell lieb gewonnen. Jetzt wo ich euren Bericht so lese, kommen mir aber schon auch die „komischen Gestalten“ gerade im Chinatown in Erinnerung. Und wir versuchten – infolge Jetlag – an einem frühen Sonntagmorgen irgendwo ein Frühstück zu bekommen, ha das war aussichtslos und so landeten wir bei Starbucks.
Weiterhin viel Freude beim Fernweh-Stillen 🙂
Hey Steffi,
lass mich überlegen, so richtig zum Frühstücken irgendwo eingekehrt sind wir wohl gar nicht, weil wir uns einfach immer im Granville Island Market durchgefuttert haben. 😉
Euch auch weiterhin viel Spaß!
Toller Bericht Ich finds cool, dass in Vancouver das Fahrrad Netz so gut ausgebaut ist, das motiviert die Menschen ja auch das Auto mal stehen zu lassen und lieber mit den Rad unterwegs zu sein. Vielen Dank für den schönen Einblick!
lg Babsi
Wenn ich das so lese, bekomme ich gleich Fernweh. Danke für den tollen und ausführlichen Bericht! Denise
Das freut mich, Denise! 🙂
Vielen Dank für diesen Bericht, er hat mich sehr dazu ermutigt, die Stadt mit dem Fahrrad zu erkunden.
Dies ist der erste Kommentar, den ich im Internet schreibe und ich erwähne dies deshalb, um zu verdeutlichen, dass es mir wirklich wichtig ist, hierzu Stellung zu beziehen. Ich empfinde es als unangemessen, das Elend dieser Stadt als „Facettenreichtum“ und in diesem Zusammenhang als „interessant“ zu bezeichnen und demnach als touristische Attraktion zu beschreiben. Sicherlich gibt es auch in den im Bericht genannten anderen Städten zu viel Armut und Elend. Meiner Meinung nach gibt es in Vancouver jedoch eine extrem ausgeprägte Ignoranz gegenüber dem drastischen Elend, die ich so noch nirgendwo wahrgenommen habe. Auch die Ausprägung der Armut und der Drogenproblematik ist enorm. Ich werde sicherlich nicht mehr nach Vancouver reisen solange so vielem Elend nicht zumindest ansatzweise entgegengewirkt wird. Vielleicht wäre es für die vielen armen Menschen in dieser Stadt von Vorteil, man würde die Stadt bewusst meiden, um ein Umdenken in Gang zu bringen. Denn wenn das Geld ausbleibt, würde dies möglicherweise dazu führen, soziale Projekte im Sinne eines florierenden Tourismus zu fördern.
Hallo Juli,
du hast sicherlich recht, dass unsere Wortwahl mit der Verbindung von Armut, Elend und Facettenreichtum unglücklich bzw. unpassend war. Ich habe die Passage überarbeitet.
Ob man die in manchen Bereichen sichtbare Armut und Drogenabhängigkeit zum Anlass nehmen sollte, eine Stadt zu meiden bzw. zu boykottieren, das sollte jeder für sich entscheiden. Es gibt hier sicherlich gute Argumente dafür, aber auch dagegen.