Besondere Campgrounds in den US-Weststaaten

von 18.07.20160 Kommentare

oder: Wie eine verwöhnte Skeptikerin Freude am Campen fand

Zugegeben: Als Klaus bei der Planung unseres Weststaaten-Roadtrips auf die Idee kam, ein paar Zeltnächte einzustreuen, war ich alles andere als begeistert. Zelten kannte ich aus meiner Kindheit und Jugend und ich verband es mit langwierigem Zeltaufbau, Luftmatratzen, aus denen im Laufe der Nacht immer mehr Luft entwich, Schlafsäcken, in denen man abends schwitzte und morgens fror.

Zudem dachte ich, verwöhnt und pingelig wie ich bin, mit Schrecken an Plumpsklos, versiffte Duschen, lärmende Zeltnachbarn und fehlende Privatsphäre. All das wollte mit meiner Vorstellung von einem traumhaften Roadtrip durch die US-Weststaaten nicht so recht zusammengehen.
„… Okay, aber nur eine Nacht!“

Meine erste Reaktion auf Klaus‘ Idee, in den Weststaaten zu zelten.

Icon_Campground_256Klaus blieb allerdings beharrlich, so viel Schönes hatte er bereits in Reiseführern und Reiseblogs über die nordamerikanischen Campgrounds gelesen, zu verlockend war die Vorstellung direkt im Nationalpark, in dieser atemberaubenden Natur zu übernachten. Und so einigten wir uns nach einigen Diskussionen darauf, dass auf jede Zeltnacht mindestens eine Nacht in einem B&B oder Hotel folgen müsse mit gemütlichem Bett und eigenem Bad und planten sechs Zeltübernachtungen ein.

Organisatorische Tricks und Kniffe

Anfangs dachte ich ja noch, Zelten in den USA klappe schon allein wegen des Gepäckaufwands nicht. Wie sollen wir neben einer kompletten Campingausrüstung auch noch Klamotten für einen knapp vierwöchigen Urlaub mitnehmen, wenn das Gepäckstück höchstens etwas über 20 kg wiegen darf?

Die Begrenzung auf 23 kg pro Gepäckstück galt zwar auch für unseren Hinflug, doch wir stellten fest, dass Icelandair, unsere Fluggesellschaft für den Rückflug, zwei Gepäckstücke à 23 kg pro Person erlaubt. Daher beschlossen wir, unsere Zeltausrüstung erst vor Ort zu kaufen. Wir suchten uns gemütlich von Zuhause aus beim Walmart-Online-Shop ein Zelt, ein paar Notfallheringe, ein Queensize-Airbed (1,40 m x 2,00 m) samt elektrischer Pumpe, zwei Schlafsäcke und einen Gummihammer aus und ließen alles in eine Filiale in der Nähe unseres ersten Campgrounds liefern, was auch wunderbar klappte! Im Shoppingparadies Las Vegas erstanden wir später jeder noch einen zusätzlichen Koffer, so dass wir unsere Campingausrüstung problemlos nach Hause transportieren konnten.

Eine genaue Beschreibung findest du in unserem Beitrag „Im Internet bestellen und an den Urlaubsort liefern lassen“.

Sechs nordamerikanische Campground-Highlights

Um es gleich vorweg zu nehmen, wir hatten auf unserer Reise ausnahmslos tolle Campingplätze, die sämtliche Zweifel weggewischt haben. Im folgenden beschreibe ich dir unsere Campgrounds, denn wir können jeden einzelnen empfehlen.

Limekiln State Park

Unser erster Zeltplatz ist gleich ein Highlight: Er liegt unter der Highway-Brücke direkt am Pazifik-Strand und ist mit 27 Zeltplätzen eher klein und eng, aber weniger dicht gedrängt als vermutet. Es zahlt sich aus, dass wir im Vorhinein reserviert haben, denn er ist seit mittags komplett belegt, teilt uns der Camp-Host mit, als wir ankommen.

Der Campground hat Toiletten mit watercloset (kein Plumpsklo – ich bin erleichtert) und Waschräume und gegen eine Extra-Gebühr auch Duschen. Das alles ist zwar nicht luxuriös, aber sauber. Von den 27 Plätzen sind 19 ausschließlich für Zelte, nur 8 sind auch für Wohnmobile oder ähnliches geeignet.

Das Zeltaufbauen dauert tatsächlich mit Anleitung lesen und Einzelteile aus der Umverpackung befreien weniger als 45 Minuten und ist wirklich unkompliziert. In einem nahegelegenen Store holen wir superleckere Sandwiches mit frischem Gemüse und Dosenbier und essen direkt am Strand bei Sonnenuntergang und Meeresrauschen zu Abend. Ein wunderbarer Camping-Auftakt!

Im Zelt ist es sehr gemütlich und viel bequemer als ich erwartet habe. Man hört das Meer rauschen, die Grillen zirpen und zunächst herrscht himmlische Ruhe am Pazifik. Diese Ruhe hält allerdings nur so lange, bis die Bewohner des Nachbarzeltes zurück kommen und Gitarre und Didgereedoo spielen. So etwas gehört wohl dazu, denke ich mir. Es stellt sich allerdings heraus, dass dies ein Einzelfall bleiben sollte: in den folgenden Zeltnächten wird ein kleiner Sandsturm die einzige Ruhestörung bleiben.

Watchman Campground im Zion Nationalpark

Unser zweiter Campground liegt direkt am südlichen Eingang des Zion National Park. Wir bekommen einen Platz gleich unter dem imposanten Watchman-Felsen, der abends von violetten Gewitterwolken, die gerade abziehen und den letzten Sonnenstrahlen in ein geheimnisvolles Licht getaucht wird.

Der Campingplatz ist sehr schön, die Plätze dehnen sich weit aus, so dass man um sich herum viel Platz hat. Jeder Platz besteht aus einem Parkplatz für das Auto, direkt neben dem für das Zelt vorgesehenen Platz sowie einer Feuerstelle und einem Picknicktisch mit Bank. Beim Zeltaufbau kommt direkt ein Mule Deer zu Besuch und schaut uns ganz unerschrocken zu. Als kleiner Nachteil erweist sich der Schotter als Untergrund. Wir haben zwar keine Probleme, die Heringe in den Boden zu hauen, das Entfernen am nächsten Morgen ist umso mühevoller.

Der Campground hat Toiletten und Waschräume – beides in einem sehr sauberen Zustand, jedoch keine Duschen, was typisch für die staatlich betriebenen Campgrounds in den Nationalparks ist.

Mit dem kostenlosen Shuttle-Bus kann man auch noch am frühen Abend in den eigentlichen Park fahren und sich dort während einer 80-minütigen Rundtour einen ersten Überblick verschaffen.

Icon_Eat_128Die meisten Camper gehen im nahegelegenen Springdale zum Abendessen, wir wählen das Café Oscar’s. Es ist zwar etwas teurer (zumindest für amerikanische Verhältnisse, für deutsche Begriffe wäre es immer noch günstig), dafür aber auch sehr gut. Zum empfehlen sind die großen bunten Salate sowie Burger und Pommes.

Watchman, Zion National Park
Der Watchman Tower im Zion National Park, unterhalb befindet sich der gleichnamige Campground

Singletree Campground, Boulder Mountains

Weil wir mittlerweile Gefallen am Camperleben gefunden haben, beschließen wir, unseren dritten Campingplatz nicht erst spät abends anzufahren. Wir wollen noch ein bisschen gemütlich draußen sitzen, uns auszuruhen, picknicken und ein Feuerchen machen. Der Singletree Campground liegt am Highway 12 auf dem Weg zum Capitol Reef Nationalpark in Utah. Interessante Ziele in der Nähe sind der Escalante Petrified Forest State Park mit seinen versteinerten Baumstämmen, die in allen Farben des Regenbogens leuchten und der Anasazi State Park (besonders interessant ist das prähistorische Museum), natürlich auch der Capitol Reef National Park.

Etwa eine halbe Stunde vor Ankunft ziehen jedoch dunkle Regenwolken auf und in der Ferne grollt ein Gewitter. Mit Regen hatten wir überhaupt nicht gerechnet, weder Wetterbericht noch Himmel ließen das vorhersehen. Und tatsächlich fahren wir direkt in ein Regengebiet, bei unserer Ankunft um halb fünf regnet es, so dass wir im Auto sitzen bleiben und abwarten müssen.

Nach etwa einer Stunde ist der Spuk vorbei, die Sonne kommt sogar wieder heraus und wir können unser Zelt aufbauen. Darin sind wir mittlerweile richtig routiniert. Der Campingplatz ist direkt im Wald und ziemlich einsam. Der Campground-Host ist selbst Dauercamper in einem alten Wohnmobil. Nebenan ist eine Großgruppe Amerikaner, die sehr nett sind und uns gleich freundlich besuchen. Es ist aber alles so weitläufig, dass man sich nicht gegenseitig stört. Auf dem Platz gibt es saubere Toiletten und Waschräume sowie eine Dump-Station. Auf Handynetz muss man jedoch verzichten, was wir aber ganz entspannend empfinden.

Am mittlerweile wieder wolkenlosen Himmel erscheinen bald unzählige Sterne. Noch nie zuvor haben wir in unserem Leben einen solchen Sternenhimmel gesehen. Mitten im Wald in den Bergen, fernab der Zivilisation und ihrem Licht-Smog fühlen wir uns dem Universum nah. Dazu gibt es noch die Ausläufer der Perseiden zu sehen: innerhalb einer Stunde zähle ich acht Sternschnuppen und bin doch eigentlich gerade wunschlos glücklich.

Icon_Eat_128Als Tipp für das Frühstück am nächsten Morgen können wir das Kiva Koffeehouse empfehlen. Hier gibt es nicht nur prima Haferflocken-Pfannkuchen, sondern auch dank bodentiefer Fenster fast rundherum einen fantastischen Ausblick auf Berge und Täler. Definitiv eines unserer Frühstücks-Highlights.

Devils Garden Campground im Arches Nationalpark

Über unsere stürmische Nacht im Devils Garden Campground haben wir bereits ausführlich an anderer Stelle auf Willkommen Fernweh berichtet. Daher hier nur einige Fakten zum Campingplatz, der unseres Erachtens zu den schönsten Zeltplätzen Amerikas gehört.

Die 50 Plätze für Zelte und Wohnmobile liegen weiträumig verteilt mitten im Nationalpark zwischen den imposanten roten Steinen und Wacholderbüschen. Da der Sandstein sehr fein und locker ist, macht es keine Probleme beim Zeltaufbau die Heringe in den Boden zu bekommen. Wie in den Nationalparks üblich gibt es Waschräume und Toiletten, die von jedem Zeltplatz aus fußläufig zu erreichen sind, jedoch keine Duschen. Die Ranger des Nationalparks fahren mit ihren Elektromobilen durch den Campground und verkaufen Feuerholz oder geben Auskünfte über Wetterprognosen oder die Beschaffenheit von Wanderwegen.

Leigh Creek Campground, Bighorn Mountains

Der Leigh Creek Campground ist diesmal wirklich in der Wildnis, wir machen hier Zwischenstopp auf dem Weg zum Devils Tower. Hier gibt es nur fünf weit verstreute Sites und ein Toilettenhäuschen. Immerhin sehen wir noch eine Familie und einen weiteren Camper und den Host, sonst wäre uns eventuell mulmig geworden.

Wir zelten direkt an einem rauschenden Gebirgsbach umgeben vom Canyon. Das Bächlein ist aber ganz gut zugänglich und so waschen wir uns morgens und abends mit dem kalten, klaren Wasser. Hat auch seinen Reiz! Zum Abendessen gibt es selbstgegrillte Würstchen und Cheddar-Cheese-Bagel mit Cocktailtomaten. Um kurz nach 8 Uhr abends setzt hier die Dämmerung bereits ein und noch vor neun Uhr ist die Sonne endgültig hinterm Canyon verschwunden und es ist stockdunkel. Es kommt uns viel später vor und wir gehen früh schlafen.

Da es die Sonne im Sommer erst gegen Mittag über den Canyon schafft, ist es morgens empfindlich kalt. Das Aufstehen und der Zeltabbau kosten einige Überwindung.

Leigh Creek Canyon in den Bighorn Mountains
Canyon in den Bighorn Mountains

Big Pine Campground, South Dakota

Bei unserem letzten Campground, dem Big Pine CG handelt es sich erstmals um einen privaten Campingplatz in den Black Hills. Wir haben dort Annehmlichkeiten wie eine Dusche, WLAN und einen kleinen Shop. Hier ist auch mehr los, trotzdem haben wir einen großen Platz und die nächsten Camper sind weit weg. Schaut man sich die Bilder unserer Site an, kann man vermuten, dass wir wiederum in der Wildnis sind. Wir fühlen uns wohl auf diesem Campground, allerdings fehlt hier ein bisschen der Charme der staatlichen Campingplätze in den Nationalparks.

Big Pine Campground in den Black Hills
Big Pine Campground in den Black Hills

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Fazit

All meine Befürchtungen waren völlig unbegründet. Wir haben durchweg saubere, ruhige Campingplätze in beeindruckend schöner Landschaft vorgefunden und in unserem Zelt sehr gut geschlafen.

Was uns an amerikanischen Zeltplätzen (vor allem an den staatlichen Plätzen direkt in State oder Nationalparks) so gut gefällt ist, dass sie so weitläufig sind, dass man viel Platz für sich hat und direkt in der Natur übernachtet. Wir haben außerdem an jedem Platz eine eigene Feuerstelle mit Grillrost und eine Sitzgelegenheit gehabt. Abends Würstchen und Marshmellows zu grillen und anschließend den Abend am Lagerfeuer ausklingen zu lassen macht einfach Spaß.

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