Regenwald und Lavaglühen im Hawaii Volcanoes National Park
Das „Nationalpark-Gefühl“
Man muss es den Amerikanern lassen, sie haben es geschafft, ihren Nationalparks – zumindest den meisten – einen eigenen Charme und Charakter zu geben, eine gute Mischung aus Information, touristischer Infrastruktur und Naturschutz (was Regeln und Verbote einschließt). Wahrscheinlich wissen die meisten, die schon in amerikanischen Nationalparks waren, was ich meine: Der ähnliche Aufbau (Visitor Center, hölzerne Hinweis-Schilder), Lookouts / Overlooks mit Parkplätzen, Lodges und Souvenir-Shops, Campgrounds, kürzere und längere Trails, freundliche Ranger in ihren typischen Outfits und natürlich Wildnis – das alles gehört für uns zum Nationalpark-Gefühl und dieses Positive empfanden wir sofort wieder, als wir in den Volcanoes National Park kamen! Wir hatten das nicht unbedingt erwartet, da Hawaii nicht zum Festland gehört und mehr als andere US-Bundesstaaten eine eigene Identität hat, aber umso mehr haben wir uns gefreut!
Der Volcanoes National Park befindet sich im Südosten der größten Insel Hawaii (meist Big Island genannt, um von der gesamten Inselgruppe oder dem Bundesstaat Hawaii unterscheiden zu können). Er umfasst nicht nur einen großen Bereich des Kilauea-Vulkans samt Krater, sondern auch einen breiten Streifen bis zur Meeresküste und weiter abgelegene Bereiche. Es scheint so, als gehöre alles zum riesigen Mauna Loa (dem vom Volumen her größten Berg der Erde), aber der Kilauea verfügt über ein eigenes Magma-System. Für einen Besuch sollte man sich mindestens einen vollen Tag Zeit nehmen, besser zwei bis drei Tage. Außerdem sollte man die Entfernungen auf der größten Insel nicht unterschätzen, weshalb ich empfehle, sich nicht nur ein Quartier an der Westküste zu nehmen – die An- und Rückfahrten zum Park wären zu lang!
Ein ehrfürchtiger Anblick: Der Halemaumau Crater
Nach dem Passieren des Eingangstors und Vorzeigen unseres noch gültigen Jahrespasses (wenn man Maui besucht, kann sich auch der Kauf eines „Tri-Park-Passes“ für Hawaii lohnen) erreichen wir das Visitor Center. Es empfiehlt sich, hier auch gleich Halt zu machen und sich umzusehen. Neben den üblichen Souvenir-Shops gibt es auch eine interessante Ausstellung und die Möglichkeit, an einer Ranger-geführten Tour teilzunehmen. Die Ranger geben auch gerne Auskunft über den Zustand der Trails und die aktuelle Situation von Lava und Vulkan-Dämpfen etc.
Uns fällt schon beim Aussteigen auf: hier ist es angenehm kühler! Die schwülwarme Luft von Hilo ist angenehmeren 20-25 Grad mit weniger Luftfeuchtigkeit gewichen. Aber nicht täuschen lassen, die Sonne hat hier in Äquatornähe unbändige Kraft und ein Sonnenschutz mit hohem Lichtschutzfaktor ist Pflicht! Nach dem Visitor Center laufen wir zunächst ein paar Schritte zum Volcano Art Center, das schöne (aber teure) Ausstellungsstücke von lokalen Künstlern zeigt und werden beim (teils auch weniger teuren) Schmuck fündig.
Dann geht es zum gegenüber liegenden Volcano House (alles fußläufig kurze Distanzen), was neben weiteren Shops eine Übernachtungsmöglichkeit und ein Restaurant bietet. Unser erster Blick richtet sich aber auf den riesigen Krater, den man vorher noch nicht zu Gesicht bekommt – das Volcano House steht direkt am Kraterrand. Die Größe des Kilauea-Kraters ist beeindruckend und in ca. 2 km Entfernung (es kommt einem näher vor) ist der dampfende Halema’uma’u Crater zu sehen, sozusagen ein Krater im Krater. Die Rauchwolke entsteht durch einen Lavasee, den man vom Kraterrand aus meist nicht sehen kann. Die Erde zeigt uns hier ihre Ur-Kräfte und wir fühlen uns ehrfürchtig und klein.
Kann ich Lava fließen sehen?
Update vom Januar 2017!
Der aktuelle Ausbruch des Pu’u O’o hat zu einem Lavafluss in Richtung Meer geführt! Das ist eine gute Sache, denn erstens werden dadurch keine Siedlungen gefährdet und zweitens besteht die reale Möglichkeit, legal zum Lavafluss zu gelangen.
- Der Lavafluss befindet sich außerhalb des Nationalparks.
- Es führt keine Straße direkt in die Nähe, man muss eine anstrengende Wanderung auf erloschener Lava auf sich nehmen!
- Solltest du unerfahren sein, so rate ich zu einer geführten Lavatour oder zumindest zu höchster Vorsicht in der Nähe der Lava! Rechne mit großer Hitzeentwicklung und beachte, dass auch scheinbar erkaltete Lava gefährlich sein kann – evtl. fließt die Lava darunter noch und es besteht die Gefahr, einzubrechen!!!
- Die Lava fließt inzwischen auch ins Meer, ein beeindruckendes Schauspiel. Achte aber unbedingt auf die steilen Klippen und beim Abkühlen im Wasser explosionsartig herumfliegenden Lavabrocken!
Aktuelle Informationen auf der Webseite der Nationalparkverwaltung: What’s Going On With the Volcano?
Steam Vents und Sulphur Banks
Wieder im Auto fahren wir den Crater Rim Drive zunächst weiter nach Westen und parken bei den Steam Vents. Es handelt sich um dampfende, fauchende und stinkende Schlote aus dem Erdinneren, an die man auch ziemlich nah heran kann. Spätestens hier wird einem klar, dass man nicht nur zum Vulkan hinüber schaut, sondern auf ihm steht – ein etwas mulmiges, aber auch faszinierendes Gefühl.
Vom Parkplatz aus spazieren wir bis zum Boardwalk bei den Sulphur Banks, die sich auf der anderen Seite der Straße befinden. Man benötigt nur 5-10 Minuten und der Weg ist schön, eine Empfehlung, um sich die Beine zu vertreten. Von dort aus kann man auch bis zum Visitor Center wandern, wir gehen zurück zum Auto.
Als nächstes fahren wir zum Jagger Museum, von wo aus man dem Krater am nächsten ist und die beste Sicht hat. Dazu aber später mehr. Der Crater Rim Drive, der früher einmal rund um die Caldera führte, endet am Jagger-Museum, nachdem Lava und giftige Gase die Straße unpassierbar oder zu gefährlich machten.
Rund um den Kilauea Iki Crater
Wir fahren die Strecke zum Visitor Center zurück und biegen danach rechts ab, folgen weiter dem Crater Rim Drive. Die Strecke verläuft durch schönen Farnwald und führt zum Kilauea Iki Overlook. Der zugehörige Parkplatz ist ziemlich voll, aber nach kurzer Zeit finden wir einen Platz. Der Kilauea Iki ist sozusagen der kleine Bruder des Kilauea und vom Overlook aus hat man einen herrlichen Blick auf den Krater, dessen Boden vom letzten Ausbruch 1959 noch von Asche und erstarrter Lava bedeckt ist, während die Randgebiete schon vom Regenwald zurückerobert wurden.
Den nächsten Stopp machen wir am Devastation Trailhead. Dieser kurze, aber sehr abwechslungsreiche Trail eignet sich sehr für einen Spaziergang von 10 bis 20 Minuten Dauer. Wir laufen zunächst durch Wald und gelangen bald ohne großen Übergang zur „Aschewüste“, die der letzte Ausbruch des Kilauea Iki hinterlassen hat. Wir treffen einen Jogger, der meint, dass er die Strecke 30 Jahre zuvor schon einmal gelaufen sei – damals habe es noch anders ausgesehen. Die Natur erobert auch hier Meter für Meter zurück, auch wenn es nur langsam geht.
Wandern im Volcanoes NP
Die Trails im Hawaii Volcanoes National Park gehören zu den besten Routen auf Big Island und eignen sich auch für längere Wanderungen. Wir empfanden das etwas kühlere Klima als sehr angenehm und außerdem sahen wir keine einzige Mücke – in tieferen Lagen können einen diese „Biester“ ganz schön ärgern… Du solltest an feste Schuhe, am besten Wanderschuhe denken (wir haben uns gewundert, welche Trails manch Besucher mit Flip-Flops zu gehen versucht).
Unsere Wander-Empfehlung:
Kilauea Iki Trail
Dieser Trail gehört sicher zu den schönsten im Park und wird dementsprechend auch gut frequentiert, was wir aber noch in Ordnung fanden. Er ist ca. 3 Meilen (knapp 5 km) lang und verläuft vom Kraterrand mit tollen Ausblicken zum Kraterboden und quer über diesen hinweg, weshalb man viel Abwechslung, aber auch ein steileres Gefälle und Anstieg dabei hat. Bei regnerischem Wetter solltest du zuvor im Visitor Center einen Ranger fragen, ob der Trail gut passierbar ist.
Kombinationsmöglichkeiten
Normalerweise beginnt und endet der Kilauea Iki Trail am gleichnamigen Overlook, man kann die verschiedenen Trails aber auch nach eigenen Vorstellungen kombinieren (ich empfehle eine gute Karte oder Offline-Map für’s Smartphone). Wir starteten am Volcano House und sind über den Crater Rim / Earthquake Trail zum Kilauea Iki gewandert. Außerdem haben wir einen Abstecher zum beeindruckenden Farnwald am Byron Ledge gemacht, den ich dir sehr empfehlen kann! Dort ist es auch gleich viel einsamer. Die Gesamtstrecke belief sich dann auf ca. 10 km.
Bird Park Trail
Noch vor den Einlasstoren, aber innerhalb des Nationalparks, befindet sich der Kipuka Puaulu Trail in einem „Bird Park“ genannten Areal. Wir haben hier kaum Menschen vorgefunden, dafür gibt es viele Vögel zu sehen und der Trail verläuft durch einen schönen Wald. Man benötigt nur ca. 30 Minuten für den Rundkurs. Wenn du sowohl auf viele Menschen als auch auf Ausblicke zum Krater verzichten kannst, solltest du die kurze Route in Erwägung ziehen.
Wanderführer
Für die Erkundung der Inseln insgesamt und auch für Wander-Interessierte empfehle ich in erster Linie die Revealed-Bücher, für die es auch eine Smartphone-App inkl. GPS-Offlinekarten gibt. Dort sind einige Wandermöglichkeiten beschrieben.
Hawaii the Big Island Revealed
Außerdem hält Angies Hawaii-Seite viele detailreich beschriebene Trailvorschläge bereit. Im angeschlossenen Forum erhältst du gute Ratschläge zur Reiseplanung.
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Die Chain of Craters Road bis zur Meeresküste
Wenn noch genügend Zeit ist bietet es sich an, die Straße bis zur Küste hinunter zu fahren, wo du dir anschauen kannst, wie die Wellen gegen die Lavaberge krachen (unten wird es auch gleich spürbar wärmer). Auf dem Weg dorthin staunen wir über die riesigen Felder erstarrter Lava, wobei es A’a-Lava (sieht wie ein riesiges gepflügtes Feld aus) und Pahoehoe-Lava gibt (letztere ist ziemlich glatt).
Unterwegs erwarten uns drei besondere Erlebnisse:
- Direkt neben der Straße sehen wir unsere ersten Nēnē (Hawaii-Gänse, die es nur hier gibt)! Wir halten vorsichtig an und können sie fotografieren. Früher gab es übrigens noch zwei weitere endemische Gänse-Arten auf Hawaii, die flugunfähig waren und die der Mensch leider ausgerottet hat.
- Das zweite Highlight ist eine kleine Lavatube, die wir ganz für uns allein haben. Sie befindet sich zwar direkt neben der Straße, mangels Beschilderung rauschen die meisten aber daran vorbei. In gebückter Haltung können wir ein paar Meter hineinlaufen und uns die interessante Deckenstruktur anschauen – die Lava hat viele tropfenartige Spitzen hinterlassen.
- In der Ferne scheint es zu nieseln und wir stehen genau richtig zwischen Sonne im Rücken und Wolken vor uns, um einen fantastischen, völlig geschlossenen Regenbogen bewundern zu können. Das haben wir so auch nur auf Hawaii gesehen!
Unser Highlight: Wenn die Lava im Dunkeln glüht!
Wir wussten ja schon vorher, dass wir keine Lava würden fließen sehen. Umso mehr freuten wir uns auf den Lavasee im Halemaumau Krater, den man tagsüber aber „nur“ dampfen sieht, da der Pegel des Sees zu niedrig ist, um direkt zu ihm hinunterschauen zu können. Nachts sieht das aber schon anders aus…
Beim Abendessen fängt es an zu regnen, es gibt wiederkehrende Schauer und die Wolken ziehen direkt am Krater durch. Die Sicht ist teilweise so stark eingeschränkt, dass man den dampfenden Schlot überhaupt nicht mehr sehen kann und wir bekommen langsam die Befürchtung, Pech für den Abend zu haben.
Es wird dunkel und dann hört es tatsächlich auf zu regnen. Jetzt aber schnell zum Jagger Museum! Von dort aus hat man den besten Blick und die kürzeste Distanz zum Krater (ca. 1 Meile Entfernung). Und siehe da, Nebel und Wolken sind weitergezogen und die Sicht auf den jetzt orangefarbenen Krater, der vom tiefer liegenden glühenden Lavasee beleuchtet wird, ist frei! Ein toller Anblick, wie die Fotos zeigen. Eine halbe Stunde später ziehen schon wieder neue Wolken herein und vorbei ist es mit der guten Sicht. Man kann also Glück oder Pech haben, wobei sich die Wetterverhältnisse sehr schnell ändern können.
Was für ein wunderbarer Abschluss des Abends. Wir fahren zurück zu unserer Unterkunft in der Nähe von Hilo und fallen glücklich in unser Bett.
Fototipp: Nie hat sich die Anschaffung meines leichten und dennoch stabilen Reisestativs mehr gelohnt als hier. Erst mit Stativ glücken dir die Aufnahmen mit den notwendigen mehrsekündigen Belichtungszeiten verwacklungsfrei. Um das Glühen im Halemaumau Krater vom Jagger-Museum aus formatfüllend ins Bild setzen zu können, benötigst du ein Teleobjektiv. Experimentiere mit 60-120 mm Brennweite (90-180 mm KB-Äquivalent) und 2-10 Sekunden Verschlusszeit. ⇒ Ratgeber Fotostativ
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Fazit
Wir hatten uns schon auf den Park und natürlich die Vulkane gefreut, aber nicht gedacht, dass es sich um einen typischen amerikanischen Nationalpark (im positiven Sinne) handelt!
Der Volcanoes National Park hält verschiedene Sehenswürdigkeiten bereit und du solltest einen Besuch unbedingt auch mit einer – zumindest kleinen – Wanderung und der Beobachtung des Glühens im Dunkeln verbinden.
Tipps
Herzlichen Dank für eure positiven und ausführlichen Erzählungen! Wir fliegen in 6 Wochen nach Hawaii und finden euere Texte seeeeehr hiflreich!!!!
Vielen Dank für dein Feedback, Tamara, das freut uns! 🙂 Und ganz viel Spaß während eurer eigenen Hawaii-Reise, es wird bestimmt großartig!